Keine Nachtigallentöne

Tennessee Williams
Keine Nachtigallentöne
(Not About Nightingales)
Stück in 3 Akten
Deutsch von Helmar Harald Fischer
3 D, 15 H, St, Verw - Dek
Im Herbst 1938 schickte Thomas Lanier Williams >Not About Nightingales< zusammen mit anderen Stücken an das Group Theatre in New York, das einen Dramatikerwettbewerb ausgeschrieben hatte. Er machte sich drei Jahre jünger, weil die Altersgrenze mit 25 angegeben war und nannte sich Tennessee Williams, weil er unter seinem Geburtsnamen seit seinem dreizehnten Lebensjahr in Literaturzeitschriften veröffentlicht hatte. Molly Day Thatcher, zusammen mit Harold Clurman und Irwin Shaw in der Jury, erkannte die Einzigartigkeit von Williams' Talent, sorgte für einen mit hundert Dollar dotierten Sonderpreis an ihn und brachte ihn mit der prominenten Literatur- und Theateragentin Audrey Wood zusammen. Damit war ihm der Weg in die New Yorker Theaterszene eröffnet. Wiederentdeckt von Vanessa Redgrave, wurde der "dramenhistorische Fund" (FAZ) von Trevor Nunn 1998 am National Theatre London uraufgeführt und von Torsten Fischer in Köln zur Deutschsprachigen Erstaufführung gebracht.

"Ich habe seitdem nichts geschrieben" notierte Williams 1957, "was sich in puncto Gewalt und Schrecken damit vergleichen ließe – bezogen auf eine Geschichte, die sich damals tatsächlich ereignet hatte: Eine Gruppe von Widerstand leistenden Häftlingen, die man zur Strafe in einen heißen Raum mit Namen 'Klondike' geworfen hatte, verschmorten buchstäblich bei lebendigem Leibe".

In der Falle zu sitzen, eingesperrt zu sein, ohne Chance zu entkommen – seiner Herkunft, seinen Obsessionen, den Bedingungen des eigenen Selbst und der Übermacht allgemeiner Übereinkünfte: Dieses Gefühl beherrschte Tennessee Williams mehr als alles andere. Das Bild vom Lebensgefängnis mit den Beschreibungen gescheiterter Fluchtversuche ist in seinen Tagebucheintragungen, Briefen und frühen Schriften so häufig wie der leidenschaftlich immer neu angestimmte Ruf nach Freiheit, Unabhängigkeit und Leben, nach autonom gelebtem Leben.

Keine Williams-Figur kann das so direkt ansprechen wie Jim in >Keine Nachtigallentöne<, weil das Stück selbst in einem Gefängnis spielt. Williams' Eintreten für sozial Schwache war kein intellektuelles Lippenbekenntnis. Jims anklägerische Einsicht über Schuld und Sühne in >Keine Nachtigallentöne< setzt am neuralgischen Punkt aller Rechtsnormen an: Solange ein Mensch nicht dafür verantwortlich ist, mit welcher Hautfarbe oder Veranlagung er auf die Welt kommt, bleibt es reine Diskriminierung, ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen. (Helmar Harald Fischer)

>Not About Nightingales< - Helle Empörung und antifaschistische Leidenschaft – kündigt einen Dramatiker an, der mit jedem weiteren Stück Verlockung und Rastlosigkeit, Gefangenschaft, Flucht und Freiheit für immer zu seinem persönlichen moralischen Thema machen sollte. (The Times)

>Keine Nachtigallentöne< wird in Köln als zeitgemäßer Stoff des Theaters ausgewiesen. Daß dieses Stück erst 1996 entdeckt wurde, hat mit den Besonderheiten Ende der Dreißiger Jahre zu tun. Die große Rezession brachte auch die McCarthys ins Spiel. Man traute sich solch gesellschaftskritische Stücke damals nicht mehr zu spielen, verbannte sie von der Bühne. Auch eine Art Gefängnis. (Süddeutsche Zeitung)

Vom Staub der Zeiten keine Spur. (Berliner Morgenpost)

Es ist eine der Qualitäten des neuentdeckten Frühwerks, daß es innere und äußere Zwänge vielfach spiegelt. (Die Welt)

Am Ende gab es reichen Beifall und viele Bravorufe für alle. (Kölner Stadtanzeiger)

Zurück zur Übersicht