Pierre Corneille

PIERRE CORNEILLE, der „Vater der französischen Tragödie“, war zugleich ein begnadeter Komödiendichter. In seinem Werk finden sich nicht nur klassische Dramen wie „Horace“, streng komponiert nach der antiken Lehre der Einheit von Ort, Zeit und Handlung, sondern auch leichtfüßigere Lustspiele, denen es weniger um Staatsräson und Tugend geht als um eine Feier des Frivolen, der Phantasie und des Individuums. In der Komödie „Der extravagante Liebhaber“ („La place royale"), erstmals ins Deutsche übertragen von Rainer Kohlmayer), scheint Corneille den Konflikt des Protagonisten Alidor aus der eigenen Erfahrung einer enttäuschten Jugendliebe entwickelt zu haben. Das Stück von 1634 , das neuerdings in Frankreich durch zahlreiche Inszenierungen wiederentdeckt wurde, widmet sich dem Widerspruch von Freiheit und Liebe und weist in seiner Radikalität weit voraus in die literarische Moderne. Triumphale Erfolge feierte Corneille allerdings zunehmend mit Dramen, die an der absolutistischen Staatsordnung orientiert waren – Anlass für Gotthold Ephraim Lessings Kritik an Corneilles klassizistischer Tragödienauffassung.
Umso brisanter, überraschender die ersten ganz und gar nicht etatistischen Stücke Corneilles: Komödien (in deutscher Übersetzung von Rainer Kohlmayer), die weder politisch noch formal einem strengen Regelkanon folgen – was der etablierte Autor Corneille später durch Selbstzensur, besonders der erotisch aufgeladenen Szenen, kaschieren wollte. Zwischen 1625 und 1636 entstanden: „Mélite, ou les fausses lettres“ („Melitte oder Die gefälschten Briefe“), „La veuve, ou Le traître trahi“ („Der verratene Verräter“), „La galerie du Palais ou L'amie rivale“ („Die gefährliche Freundin“) und „L’illusion comique“ („Bühnenzauber“), Das Intrigenspiel „Le Menteur“ von 1643 („Der Lügner“) gilt als eine der bedeutendsten Komödien in Frankreich, denn sie hat die Komödien eines Molière nicht nur maßgeblich beeinflusst, sondern durch den revolutionären Gebrauch von Umgangssprache überhaupt erst möglich gemacht.




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