Moonys Junge weint nicht

Tennessee Williams
Moonys Junge weint nicht
(Moony's Kid Don't Cry)
Stück in einem Akt
Deutsch von Wolf Christian Schröder
1 D, 1 H, 1 Dek
Essen, trinken, miteinander schlafen – für Fabrikarbeiter Moony ist das alles, was das Leben an Freuden zu bieten hat. Wochentags steht er am Fließband, samstags gibt es dafür die Lohntüte, und am Ende seiner beruflichen Laufbahn lockt allenfalls die Aussicht, durch die eigenen Kinder ersetzt zu werden. Moony jedoch träumt vom Sankt-Lorenz-Strom, einem Fluss so blau wie der Himmel, er will ausbrechen aus der stickigen Enge seiner Wohnung, sich den Weg ebnen in die Wälder – zur Not mit der Axt.

Wenige Tage vor dem Weihnachtsfest wird Moony’s Fluchtwunsch zur Qual, schlaflos wälzt er sich im Ehebett. Doch der Versuch, seine Frau Jane – mit der Moony ein kleines Kind hat – an jene Zeiten zu erinnern, in denen beide mehr vom Leben wollten, scheitert kläglich. Im Gegenteil: Jane, völlig ausgepumpt von der täglichen Sorge um Kind und Unterhalt, zweifelt am Verstand ihres Mannes. Und so muss Moony – das Kind tröstend im Arm – eine Entscheidung fällen: Bleibt er der Familie treu oder folgt er dem Ruf seiner Träume?

Der Terror einer vollständig technisierten Arbeitswelt und die Flucht der Väter aus den klaustrophobischen Verhältnissen der Kleinfamilie – beides sind zentrale Motive im Schreiben von Tennessee Williams, die im frühen Einakter „Moony’s Kid Don’t Cry“ eine beklemmend zeitgemäße sozialkritische Dimension erhalten. Denn für den White Trash der Unterschicht ist der Glanz des Amerikanischen Traumes nicht viel mehr als ein fernes Leuchten.


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