Frühlingsstürme

Tennessee Williams
Frühlingsstürme
(Spring Storm)
Stück in 3 Akten
Deutsch von Renate und Wolfgang Wiens
16 D, 8 H, 4 Dek
Frühlingsstürme treiben den Mississippi über die Ufer. Frühlingsstürme toben auch in den Herzen der jungen Leute in Port Tyler, der kleinen Stadt am großen Strom. Da ist Heavenly Critchfield, die einzige Tochter aus einer der ältesten Südstaatenfamilien. Einer ihrer Vorfahren ist als General bei Gettysburg ruhmvoll untergegangen. Aber Heavenly schlägt aus der Art: sie hat sich ausgerechnet in Dick Miles verliebt, einen Burschen ohne Schulabschluß, der sich mit Aushilfsjobs durchschlägt. Ihm ist die Kleinstadt zu eng; in jedem Frühjahr wird er rastlos, und nun glaubt er, endlich eine Herausforderung gefunden zu haben: er will den Fluß bekämpfen, auf einem Boot leben und sich als Deicharbeiter verdingen. Heavenly soll als seine Frau mit ihm ziehen. Aber sie verachtet dieses rauhe, unstete Leben.

Und da gibt es auch noch Arthur Shannon, den Sohn einer der reichsten Familien der Gegend. Arthur liebt Heavenly seit Kindertagen, wurde aber von ihr und den Mitschülern als "Muttersöhnchen" verhöhnt. Daß Heavenly sich daran beteiligte, hat ihn so tief getroffen, daß er die Schule wechseln mußte und schließlich zum Studium nach Europa ging. Zurückgekehrt, um in die Bank seines Vaters einzutreten, umwirbt er Heavenly, nicht zuletzt, um sein Trauma abzuarbeiten. Es stört ihn nicht einmal, daß Heavenly, um Dick vom Fortgehen abzuhalten, mit diesem geschlafen hat.

Als Heavenly erkennt, daß auch der schüchterne Arthur sie sexuell zu erregen vermag und Dick von seinen Plänen nicht ablassen will, ist sie bereit, Arthurs Heiratsantrag anzunehmen. Aber da gibt es auch noch Hertha Neilson, die aus kleinen Verhältnissen stammende Bibliothekarin des Ortes. Auch sie macht sich Hoffnungen auf Arthur, die dieser in seiner Verzweiflung über Heavenlys ursprüngliche Abweisung zu nähren schien. Als Hertha begreifen muß, wie vergeblich ihr Lebenstraum ist, kommt es zur Katastrophe. Und Heavenly sieht sich mit ihrer größten Angst konfrontiert: als alte Jungfer in der Schaukel auf der Veranda sitzen zu bleiben.

>Frühlingsstürme<, ein wiederentdecktes frühes Stück von Tennessee Williams, enthält bereits alle Elemente seiner späteren Werke: mit reicher Psychologie ausgestattete Figuren, die von ihren Leidenschaften in dramatische Konflikte getrieben werden. Dennoch bleibt der Ton des Stückes leicht, über weite Strecken sogar ironisch humorvoll. Und wie immer bei Tennessee Williams ist auch >Frühlingsstürme< ein Schauspielerstück par excellence: emotionsgeladene jugendliche Hauptrollen und scharf umrissene ältere Nebenfiguren. Nicht von ungefähr erinnern Titel und Thema des Stückes an Wedekinds >Frühlings Erwachen<: die Verwirrung der Gefühle von Jugendlichen vor dem Hintergrund einer bornierten Erwachsenenwelt.

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