Die Streitfrage
Pierre Carlet de MarivauxDie Streitfrage
(La dispute)
Komödie in 20 Szenen
Deutsch von Gerda Scheffel
5 D, 5 H, 1 Dek
Wie kam die Sünde auf die Welt – mit der Frau oder dem Mann? Zur Klärung der wohl ältesten Streitfrage seit Menschengedenken, die auch zwischen dem Prinzen und seiner Geliebten Hermiane entbrannt ist, wird ein radikales Experiment auf die Bühne gebracht: Gerade erst gereifte Kinder beiderlei Geschlechts, die getrennt voneinander und fernab der Gesellschaft aufgezogen worden sind, werden erstmalig mit dem anderen Geschlecht konfrontiert. Eine Urszene der Liebe und des Verrats – der Prinz und Hermiane müssen sich nur noch hinter die Kulissen zurückziehen, der Versuchanordnung freien Lauf lassen und beobachten, wer darin liebt und wer verrät.
Églé etwa, die sich zunächst gar nicht satt sehen kann an ihrem Spiegelbild im Wasser, verliebt sich in den Jüngling Azor. In der Euphorie des Gefühls schwören sich beide ewige Treue. Doch schon die erste Trennung bringt den Bruch: Églé begegnet Adine, die sich für ebenso schön hält und ihrerseits dem jungen Mesrin ewige Treue geschworen hat. Zwischen den beiden Frauen entspinnt sich ein Wettstreit um die weibliche Vorherrschaft, in dem Églé ihre gesamte Verführungskunst einsetzt, um Mesrin in ihren Bann zu schlagen und damit die Macht über beide Männer zu gewinnen. Tatsächlich kann sich Mesrin ihrem Zauber nicht entziehen, und so hintergeht er schließlich seine Adine.
Marivaux seziert in der „Streitfrage“ das Ich und sein Begehren, als habe ihm Freud persönlich Pate gestanden: von der narzisstischen Liebe zum eigenen Selbst bis zur Kränkung durch das Auftreten des Anderen und dem Kampf um Selbstbehauptung, der hier geradewegs in den Geschlechterkrieg mündet. Dieses ursprüngliche Spiel von Eifersucht, Intrige und Betrug kennt letztlich keine Unschuldigen.
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