The Municipal Abattoir

Tennessee Williams
The Municipal Abattoir
Kurzstück
1 D, 2 H, 1 Dek
Ein Bürgersteig in der Abenddämmerung, es sind nur noch wenige Minuten bis zur großen Parade des Militärdiktators. Ein junges Pärchen – sie hat Tränen in den Augen, er eine Fahne in der Hand – verabschiedet sich voneinander, denn der Junge muss weiter zur Parade. Er will sich unter die Menschenmenge mischen, die Fahne hissen und unter „Viva! Viva!“- Rufen den in seiner Tasche verborgenen Revolver entleeren – sechs Schüsse, mitten ins Gesicht des Diktators.

Unterwegs begegnet er einem ehemaligen Angestellten des Amtes für „Nationale Ökonomie“. Der Mann, graugesichtig und bieder, wurde soeben gefeuert und ist auf dem Weg ins Städtische Schlachthaus, ein berüchtigtes Straflager für politische Feinde des Regimes. Den Angestellten, dessen einziges Vergehen es war, um Gnade für seine zwangsprostituierte Tochter zu bitten, erwartet dort die Höchststrafe: seine Hinrichtung. Alle Versuche des jungen Rebellen, den armen Todeskandidaten zur Flucht zu bewegen, scheitern. So bleibt scheinbar nur ein Ausweg: der Angestellte muss als Attentäter selbst in den bewaffneten Widerstand…

Der heldenhafte Idealist hat die Rechnung jedoch ohne sein verzagtes Gegenüber gemacht – ein gefügiger Untertan, der dem Herrschaftsanspruch des Tyrannen nicht die Stirn zu bieten vermag. Selbst dann nicht, wenn es um das nackte Überleben geht. „The Municipal Abattoir“ von Tennessee Williams wagt sich an die radikalste Form des Kampfes zwischen Individuum und Staat: das Attentat als verzweifelter Aufschrei derer, die keine Stimme haben.


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