Grüne Augen
Tennessee WilliamsGrüne Augen
(Green Eyes)
Stück in einem Akt
Deutsch von Wolf Christian Schröder
1 D, 2 H, 1 Dek
Wie dringt der Krieg bis in die intimsten Winkel unserer Privatsphäre ein? In „Grüne Augen“ verlegt Tennessee Williams den Kriegsschauplatz von Vietnam mitten ins Hotelbett eines jungen Paares, das im French Quarter von New Orleans auf Hochzeitsreise ist. Der Mann, nur für wenige Tage zum Fronturlaub in der Heimat, kann nicht mit anhören, wie seine Frau gedankenlos Kriegspropaganda aufsagt. Sie, die Daheimgebliebene, kann mit den Erfahrungen des Krieges nicht umgehen, die wie ein Schatten über der Seele ihres Mannes liegen.
Als der Mann am Morgen – nach allein durchzechter Nacht, in der er die Kriegsbilder im Alkohol zu ertränken versucht – Kratzer und Abschürfungen am Körper seiner schlafenden Frau entdeckt, weitet sich der Riss im Verhältnis der Eheleute zum klaffenden Abgrund. Er wirft ihr Untreue vor, sie sorgt sich um seinen Verstand – und ihren Anteil an seinem Sold. Die Worte schlagen zwischen ihnen ein wie Projektile, bis die Frau schließlich, ihres seelisch gebrochenen Mannes überdrüssig, den Verrat bekennt: Die Nacht hat sie mit einem grünäugigen Fremden verbracht…
Einfühlsam und präzise verfolgt Tennessee Williams in dem Kurzstück „Green Eyes“ die Eskalationslogik des Krieges bis hinein in das eheliche Gefecht. Damit zeichnet Williams nicht nur das verheerende Bild einer kriegerischen Nation, deren äußere Aggressionen nach Innen umschlagen, er folgt zugleich jenem schmalen Grat zwischen zwei einander entfremdeten Menschen, auf dem enttäuschtes Verlangen fließend übergeht in Gewalt.
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