Der Dezembermann

Colleen Murphy
Der Dezembermann
(The December Man – L'homme de décembre)
Stück in 8 Szenen
Deutsch von Bernd Samland
1 D, 2 H, 1 Dek
(Übersetzung mit Mitteln des Canada Council for the Arts)

Das Ehepaar Kate, 62, und Benoît Fournier, 59, in seinem bescheidenen Wohnzimmer. Beide haben ihre beste Kleidung angelegt. Doch sie erwarten keine Gäste, es wird nichts gefeiert. Die Gardinen sind zugezogen. Und aus den Dialogen wird sehr schnell klar: Sie bereiten sich auf ihren Selbstmord vor. Fenster und Türen sind abgedichtet, der Gashahn in der Küche ist aufgedreht. Und am Ende der Szene fallen ihnen die Augen zu.

Die sieben folgenden Szenen zeigen, wie es zu diesem schrecklichen Ereignis kommen konnte. Rückwärts chronologisch, analytisch aufblätternd, bis zu jenem anderen schrecklichen Ereignis in der letzten Szene, die knapp zweieinhalb Jahre zuvor spielt. Und alles begründet.

Damals im Dezember, daher der Titel, hat ein Student in einem Amoklauf an der Technischen Hochschule zwölf Frauen erschossen. Ihr Sohn Jean, 22, ganzer Stolz des Paares, der dort Architektur und Bauingenieur studiert hat und die Hoffnung auf ein besseres Leben verkörpert, war hilfloser Zeuge. Und hat sich unter der Last des nicht zu bewältigenden Schreckens das Leben genommen, er hat sich im Keller des Elternhauses erhängt. Diese Last erdrückt schließlich auch die hilflosen Eltern.

Ein eindringliches, im besten Sinne kleinbürgerliches Trauerspiel: Wie gehen ganz normale Menschen mit einem unbegreiflichen Schicksalsschlag um, der ihr Leben und ihren Glauben (an Gott und die Menschen) vollständig in Frage stellt und sie aus der Bahn wirft.

Damit bleibt Colleen Murphy ihrem Thema treu, das sie auch in ihrem berühmtesten Stück "Herz schlägt Tod" ("Beating Heart Cadaver") beschäftigt hat. Dort wird das Leben der Eltern einer Tochter, die bei einem vom Vater verschuldeten Unfall ums Leben kommt, so sehr belastet, dass die Ehe zu zerbrechen droht. Aber das Leben bleibt Sieger.
Hier nun siegt der Tod. Notgedrungen. Notgedrungen? (Bernd Samland)

Die Übersetzung wurde gefördert mit Mitteln des Canada Council for the Arts

Zurück zur Übersicht