Sprich zu mir wie der Regen, und ich hör zu...

Tennessee Williams
Sprich zu mir wie der Regen, und ich hör zu...
(Talk to Me Like the Rain And Let Me Listen)
Stück in einem Akt
Deutsch von Wolf Christian Schröder
1 D, 1 H, 1 Dek
Verloren in Manhattan: Ein Mann und eine Frau, beide jung, beide ausgebrannt, sitzen in ihrem möblierten Zimmer an der Lower East Side. Er ist am Morgen in irgendeinem Hotel aufgewacht, ohne Erinnerung an die Nacht, in einer Badewanne voller Eiswürfel und Bier. Sie hat drei Tage Wasser getrunken und in der Stille gewartet, vor dem Fenster die dunklen Wolken über der Stadt. Jetzt will er, dass sie etwas sagt, dass sie spricht zu ihm wie der Regen, über ihre Gedanken und ihre Träume.

Die Träume jedoch, über die sie spricht, führen sie hinaus aus ihrer Stadt, an einen Ort ohne Zeit, in ein kleines Hotel am Meer, wo es immerfort regnet. An diesem Ort gibt es keine Bekannten, kein Radio und keine Zeitungen – und auch keinen Mann. Dort gibt es nur die Freundschaft zu toten Dichtern, die kühle Dunkelheit eines Kinosaals, und auf der Promenade draußen einen Wind, der ihrem ausgezehrten Körper entgegenschlägt und ihn noch weiter fortbringt – an einen Ort jenseits der Ränder unseres Alls.

„Sprich zu mir wie der Regen, und ich hör zu…“ von Tennessee Williams ist ein leises, beinahe geflüstertes Stück voller Lyrik und Verzweiflung, eine intime Momentaufnahme der Beziehung zweier Menschen, die feststellen müssen, dass etwas zwischen ihnen steht, von dem sie – so Williams – „nicht hoffen dürfen, dass es sich jemals ändert.“ Zugleich ist es eine aufwühlende Reise ins Zentrum der Einsamkeit – hinter den anonymen Betonfassaden im pulsierenden Lärm der Megacitys.


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