Bildnis einer Madonna

Tennessee Williams
Bildnis einer Madonna
(Portrait of a Madonna)
Stück in einem Akt
Deutsch von Thomas Huber
2 D, 4 H, 1 Dek
Lucretia Collins lebt verlassen von der Welt und enttäuscht von der Liebe im schützenden Bannkreis ihres kleinen Apartments. Während der Putz von den Wänden bröckelt und die Müllberge sich türmen, verbringt Lucretia ihre Zeit mit den Geistern der Vergangenheit: ihrer längst verstorbenen Mutter und Richard, einem verheirateten Mann und Familienvater, an den sie ihr Herz verloren hat und dessen Phantom sich allabendlich durchs Fenster Zutritt in ihr Schlafzimmer verschafft.

Die Außenwelt jedoch ist nicht mehr bereit, Lucretias traumverlorene Existenz zu tolerieren. Das Urteil der Geisteskrankheit ist über sie gefällt, die Kirche, die der demütig-frommen Lucretia bislang den Unterhalt finanzierte, stellt ihre Unterstützung ein. Und so ist es die letzte Nacht, die Lucretia im sanften Widerschein ihrer Illusionen verbringt, vor ihrer Wohnungstür warten der Hauswart und der Liftjunge des Hauses bereits auf den Anstaltsarzt. Lucretia muss indes noch eine Botschaft an Richard übermitteln: die Botschaft ihrer unbefleckten Empfängnis…

In „Bildnis einer Madonna“ lässt Tennessee Williams – von nicht nachlassender Aktualität – die zwei Seelen Amerikas aufeinanderprallen: das rohe Amerika der täglichen Selbstbehauptung und das Amerika der Sehnsucht nach vergangenen Idealen. Wenn Lucretia Collins, die Williams in subversiver Anlehnung an die christliche Madonna zur Ikone der Reinheit aufbaut, schließlich in die Psychiatrische Klinik geht, dann erhobenen Hauptes, mit der tragischen Würde ihrer großen Schwester im Geiste, Blanche DuBois.


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