Ein Schloss

Ivan Klíma
Ein Schloss
(Zámek)
Schauspiel
Deutsch von Ehrenfried Pospisil
1 D, 8 H, Einheits-Dek oder 3 Dek
Der Schlossbewohner Ilja liegt ermordet in seinem Bett. In eilfertiger Trauer haben sich die Mitbewohner um den Toten versammelt: Tausendsassa Gustav, Schriftsteller Alfred, Philosoph Bernhard, Turnlehrer Cyril sowie der Biologe Emil und seine Frau Franziska – allesamt erprobte Geistesgrößen und somit Teil der intellektuellen Speerspitze des Landes. Nicht einer von ihnen ist der Mörder Iljas, sie alle zusammen haben es getan.

Die Leiche ist noch nicht ganz ausgekühlt, da trifft schon Iljas Nachfolger, der junge Josef Kan, Sohn eines Landvermessers, im Schloss ein. Doch die exklusive Schlossgesellschaft – man hat das Anwesen schließlich der selbstsüchtigen Aristokratie entrissen und in eine Kathedrale des Geistes verwandelt – steht der Jugend ausgesprochen skeptisch gegenüber. Nicht nur, weil sie aus gesamtgesellschaftlicher Sicht noch nichts geleistet hat, sondern auch, weil sie möglicherweise Zeuge des Verbrechens geworden ist.

Doch der Neuling ist gewarnt, denn aus dem Schloss geht man nicht einfach wieder fort, man wird höchstens, so Franziska, „gefahren“ – und zwar im Leichenwagen. Tatsächlich spitzt sich für Josef die Lage dramatisch zu, als der ermittelnde Kommissar Haba versucht, Licht in die postfeudalen Verhältnisse zu bringen und allein ein Bauernopfer die klandestine und korrumpierte Schlossgemeinschaft noch retten kann…

Die tschechoslowakische Republik förderte ihre Intellektuellen, so Iwan Klíma, mit „geradezu orientalischer Großzügigkeit“ – eine Großzügigkeit, deren geistfeindliche Wirkung Klíma als Gast im Barockschloss Dobris in der Nähe Prags am eigenen Leib erfahren musste. Umso geistreicher ist Klímas Abrechnung mit der Dünkelwirtschaft dieser Künstlerkaste, wobei das „Schloss“ zwei prominente Paten hat: Franz Kafka und Agatha Christie.


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