Salzpuppen
Lotte IngrischSalzpuppen
Stück in 7 Bildern
2 D, 3 H, 1 Dek
Die Welt als Wille und Vorstellung: In einem Café am Strand treffen sich ein alter Mann im Rollstuhl und eine trauernde Dame beim Frühstück. Er ist ein erfolgreicher Staatsanwalt, der einst Opfer eines Anschlags geworden ist, sie eine ruhelose Seele, die den Jahrestag ihrer verlorenen Liebe begeht. Mit am Tisch sitzt ein feuriger Revolutionär, der nicht nur Staatsanwaltschaft und Justizsystem, sondern gleich die Sünde als solche abschaffen möchte. Der Revolutionär wird angehimmelt von einem jungen Mädchen, das sehnlich auf einen Kuss des Angebeteten wartet.
Salzpuppen sind kleine Skulpturen aus Meersalz, kurzfristige Formungen im Sand, die sich wieder in der Weite des Ozeans auflösen, sobald die Wellen über sie hinweg gehen. Nur langsam wird klar, dass es die Geister der eigenen Vergangenheit sind, denen die trauernde Dame und der Staatsanwalt hier am Strand begegnen. Sie war jenes junge Mädchen, das so sehr auf eine Erwiderung ihrer Liebe gewartet hat, dass sich eines Tages ein Schuss aus ihrem Gewehr löste, er jener Revolutionär, den der Schuss in den Rücken traf und der als Staatsanwalt fortan im Rollstuhl saß.
Jetzt, am Strand, wo sich Stimmen und Bilder der Zeiten im Nebel vermischen, ist die Zukunft bereits Vergangenheit, sind die Dinge, die geschehen werden, bereits geschehen. So beginnen sich die Figuren in „Salzpuppen“ selbst allmählich aufzulösen, unterzugehen im Rauschen des Meeres und den Gespinsten ihres Verstandes. Doch zuvor müssen sie abschließen mit der Vergangenheit, mit den unerledigten Träumen genauso wie mit der auferlegten Schuld.
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